Wutbürger & Buntspechte
Sprache kann verniedlichen. Ein Beispiel dafür liefert der Begriff des Wutbürgers, der natürlich auch Frauen miteinschließt.
Mit Wut im Bauch, aber immer noch Bürger. Was bedeutet dies? Also wütend, aber immer noch auf Formen und Anstand bedacht, eben durch eine gute Kinderstube gegangen, veredelt durch Kultur, Kunst, Konzertbesuche, vielleicht Literatur, gute Weine, was halt so dazugehört.
Da die Bürgerversammlung über die angebliche Verbauung des Hörndlwaldes (Auf dem Geländes ehemaligen Josef Afritsch-Heimes soll ein Reha-Zentrum für Burnout Kranke errichtet werden.) in der VHS Hietzing stattfand, hatte ich Gelegenheit, Wutbürger in freier Wildbahn zu erleben. Für mich ein denkwürdiges Erlebnis, das mir klar gemacht hat, dass Sprache verniedlicht. Die Wut ist ein schlechter Lehrmeister und reißt innerhalb kürzester Zeit die Maske vom Kopf, über bleibt eine Fratze und das ist nicht unbedingt das Beste des Menschen, die kulturelle Kosmetik vorher und nachher können leider daran nichts ändern. Buh-Orkan, Schimpfen, beschimpfen, den Gegner Lügner nennen, nicht zuhören wollen, der Saal brodelt, der Moderator hatte seine liebe Not um den brodelnden Saal zu bändigen. Wutbürger in Aktion. Canetti hat auch von einer Hetz-Meute gesprochen, Hietzing hat dafür ein Beispiel geliefert.
Und die Buntspechte? Vielen im Saal liegt die Natur am Herzen, der Wienerwald, die Hainbuchen. Alle von ihnen wohnen im Wienerwald oder an dessen Rand. Die Forderung nach einer Renaturierung klingt schön, aber wer diese Forderung aufstellt, müsste auch bedenken, dass heute wahrscheinlich niemand mehr dort eine Baubewilligung bekommen würde. Der Wienerwald soll geschützt werden, aber mein Haus steht ja nur am Rand des Wienerwaldes. Autoverkehr ist abzulehnen, aber alle, die dort wohnen haben ein oder mehrere Autos. Es geht nicht um den Schutz der Natur, sondern um den eigenen Vorteil, es geht nicht um die Buntspechte, sondern um den eigenen Parkplatz.
Das heißt nicht, dass es bei diesem Projekt nicht noch offene Fragen gibt. Wer die BürgerInnen aufhetzt anstatt ein Gespräch zu suchen, der wird vielleicht auch damit konfrontiert werden, dass die Geister die wachgerufen werden, dann nur mehr schwer gebannt werden können. Die Baubewilligung, auf die sich die Stadt Wien mit Recht bezieht haben vor Jahrzehnten auch die Anrainer genutzt, um sich im Grünen anzusiedeln und mit ihren Häusern ebenfalls am Wienerwald zu knabbern.
Wie schnell Bürger sich in sogenannte verniedlicht genannte „Wutbürger“ verwandeln, hat mich entsetzt. Damit stehe ich nicht alleine da, denn in den letzten Tagen sind nicht wenige TeilnehmerInnen in die VHS gekommen, um direkt oder in Nebensätzen zu erklären, dass ihnen diese Wut Sorge bereitet.
Dr. Robert Streibel, Historiker und Publizist, zuletzt erschienen. „Bürokratie & Beletage. Ein Ringstraßenpalais zwischen »Arisierung« und spätem Recht.“ (Mandelbaum Verlag) Direktor der VHS Hietzing.
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